Rote Flora: Politische Führung? Findet nicht statt.

Wir Kritischen PolizistInnen wurden seit dem 21.12.2013 vielfach gebeten und aufgefordert, unsere Sicht zu den Gewalthandlungen, Übergriffen und der weiter nach oben schraubenden Eskalation zu machen. Aus unserer Pressemitteilung „Rote Flora, Politik und Polizei“ wird zum Teil ersichtlich, wie die Realitäten liegen: Es handelt sich nicht bloß um ein Komplettversagen der Hamburger Innenpolitik, sondern mit durch die Straßen getriebenen Polizeieinheiten, hoher körperlicher Verletzungen, Sachbeschädigungen an gut situieren Häusern der Elbchaussee (und mehr!), sowie weiteren Objekten wie dem Bezirksamt Eimsbüttel, um einen seit 2001 langsam – aber stetig – durch Politik und Polizei entwickelten Flächenbrand. Die polizeiliche Kraftmeierei hat jetzt die Geister die sie rief gegen sich. Andere Kraftmeier.

Der Einsatz vom 21.12.2013 selbst, eine angemeldete Demonstration von Anbeginn einzukesseln, zur Kundgebung zu machen (ohne Auflösungsverfügung bzw. Verbot!) ist so ziemlich das Dämlichste was sich eine Polizeiführung erlauben kann. Eigentlich. Aber in Hamburg gelten seit Schill/Ole von Beust und (unvergessen) Schwarz-Grün andere Regeln. Die vorstehende „Zwischenbilanz“ wird von über 700 verletzten Menschen sowie einzelner krasser Gewaltexzesse und einem durch und durch gescheiterten Einsatzkonzept am 21.1213 sowie der Tage danach überkrönt. Dass die Zerschlagung der Demonstration vom 21.12.2013 rechtswidrig war, scheint nur noch untergeordnet zu interessieren. Wenn überhaupt.

Wir Kritischen konnten unsere Position zu Datenproblemen bei der schleswig-holsteinischen Landespolizei im Schleswig-Holstein Magazin des NDR ein wenig zum Ausdruck bringen:

Kritik an Datensammel-Wut der Polizei

Karlsruhe entscheidet über Datenspeicherung © dpa Fotograf: Martin Gerten Detailansicht des Bildes Für den Chaos Computer Club ist die dreijährige Speicherung von Daten zu lang. „@rtus“ – so heißt die Dokumentationssoftware der schleswig-holsteinischen Landespolizei. Sämtliche Vorgänge werden hier von den Beamten erfasst. Allerdings bemängeln Datenschutz-Experten die übertriebene Sammel-Wut der Beamten. Hintergrund ist eine kleine Anfrage der Piratenpartei im Landtag. Aus der Antwort der Landesregierung geht hervor, dass die Polizei aktuell Daten von mehr als 300.000 Personen im Land gespeichert hat – zum Zweck der Gefahrenabwehr.

Daten bleiben drei Jahre gespeichert

Die knapp 315.000 Personen sind nicht erfasst, weil sie potenzielle Straftäter sind, sondern weil sie in Kontakt mit der Polizei standen. Etwa als Informant, Opfer oder Hinweisgeber. Auch wenn es nur um Bagatellen geht: Alle Daten bleiben mindestens drei Jahre lang gespeichert. Viel zu lange, heißt es vom „Chaos Computer Club“. Die Experten fordern eine viel schnellere Löschung. Innenminister Andreas Breitner dagegen verteidigt das System. „Bei der Polizei wird nichts rechtswidrig gespeichert. Die Daten, die vorhanden sind, sind notwendig für die polizeiliche Arbeit. Und deshalb kann ich nicht mal im Ansatz erkennen, dass das zu viel sein soll.“ Der Minister verweist auf die Zusammenarbeit mit dem schleswig-holsteinischen Datenschutz-Beauftragten Thilo Weichert.

Eingabe von Daten muss protokolliert werden

Der Umfang der Speicherung ist für Weichert im Grunde genommen in Ordnung. Allerdings nur, wenn jede Eingabe der Polizisten genau protokolliert und auf Missbrauch untersucht werden kann. Genau das sei aber nicht der Fall, bemängelt Thomas Wüppesahl von der Arbeitsgemeinschaft kritischer Polizisten. Datenmissbrauch finde in der Polizei regelmäßig statt und werde selten entdeckt. „Da kann Herr Breitner sich mit breiter Brust vor die Öffentlichkeit stellen und sagen: Seine Beamten sind gesetzestreu. Die Praxis sieht anders aus. Es geht nur über Kontrolle.“ Wüppesahl fordert eine Vollprotokollierung aller Eingriffe im System „@rtus“. Laut Minister Breitner ist die aktuelle Protokollierungs-Praxis aber völlig ausreichend.

In der dreistündigen Sonderberichterstattung zur NSU Mord- Sprengstoff- und Raubserie erhielten wir Kritischen PolizistInnen bei Radio „Lotte in Weimar“ Gelegenheit uns zu äußern:

Das Interessanteste ist in dem zweiten Gesprächsbeitrag: „Das Trio muss geführt worden sein!“ nachzuhören – Da am Ende des Beitrags eine Personalie genannt worden ist, dürfte die vier Tage darauf bekannt gegebenen Berufung des bisherigen Staatssekretärs im Bundesinnenministeriums, Herrn Klaus-Dieter Fritsche (CSU), zum „Staatssekretär für die Belange der Geheimdienste“ im Bundeskanzleramt(!) wie die berühmte Faust auf das Auge passen, denn damit werden weitere Vertuschungen garantiert.

Hierzu siehe auch Süddeutsche Zeitung, 18. Dezember 2013: „Fritsche: Auf Du und Du mit den Geheimdienst-Chefs

Thomas Wüppesahl, Bundessprecher BAG Kritischer PolizistInnen

Bigotterie der Bundes- und Landesregierungen

Die Bigotterie der Bundes- und Landesregierungen, ob in Berlin oder in Hamburg, kommt dieser Tage selbst in der Kernfrage des Grundgesetzes – Menschenrecht, Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit – in widerlicher Klarheit zum Ausdruck.

Selbst wenn zivilgesellschaftlich von Kirchen, Nachbarn und anderen die Flüchtlinge unterstützt werden, erledigt die politische „Mitte“ in Gestalt von CDU/CSU oder SPD die Drecksarbeit für Rechtsextremisten.

Wir hielten uns auch zu diesem Schlachtfest an Menschenrechten und anderen Regeln zurück, zumal die Grundsatzpositionen von uns Kritischen PolizistInnen zu Flüchtlingsfragen, Asyl etc. hinlänglich bekannt sind. Auf mehrfachen Wunsch, auch von diversen BürgerInnen, kann nun – wer mehr erfahren möchte -, sich das heutige Interview auf jungle-drum anhören.

Thomas Wüppesahl, Bundessprecher

Zensur bei Kontext

Die Kontext-Wochenzeitung (ein wöchentliches Online-Medium, das samstags zusätzlich als Print der taz beiliegt) widmet sich intensiv dem auch nach zwei Jahren ungeklärten NSU-Komplex, beobachtete die Sitzungen des Untersuchungsausschusses in Berlin, besucht den Prozess in München und recherchiert die Hintergründe. Ein Medium, das sich nicht wie viele Mainstreammedien einer Selbstzensur unterwirft, sondern schonungslos berichtet.

Bisher zumindest

„Die Polizei wird gehätschelt“

Neuerlich läuft ein Fall von Polizeigewalt gegen einen ohnmächtigen und hilflos gemachten Bürger durch die Medien: Bremen, Video-Beweis. – Dazu konnten wir Kritischen PolizeibeamtInnen sowohl im TV (Brisant, RTL-Nachtjournal), Rundfunk und Printmedien Stellung beziehen:

Hier das Kurz-Interview: „Die Polizei wird gehätschelt“ zum Artikel „Polizisten prügeln Disco-Gast„.

Die Fülle an „Einzel“fällen ist längst erdrückend. Die Schwere von einzelnen Fällen auch. Und die Politik schaut weg.

Thomas Wüppesahl, Bundessprecher

„Munteres Kesseltreiben“

Der Gründungsanlaß für unsere Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer Polizistinnen und Polizisten – der Hamburger Kessel – ist immer wieder von seiner einkesselnden Form ein Anlaß für grundsätzliche Betrachtungen. Natürlich auch aus gegebenen Anlässen. So im Kontext, Ausgabe 2. Juli 2013: „Munteres Kesseltreiben

Ein Artikel, der vielfältig illustriert, dass sich seit unserer Gründung vor 27 Jahren die polizeilichen Handlungsweisen weiter verschlechtert haben.

Thomas Wüppesahl, Bundessprecher

„Endlich darf die Polizei Hamburg auch Steuergelder einsparen“

Siehe auch: „Gerüchte über Benzinrationierungen„, die tageszeitung, 17. April 2013

Wir sagen:

„Endlich darf die Polizei Hamburg auch Steuergelder einsparen“

Die Polizei Hamburg muss zum ersten Mal auch tatsächlich „sparen“. Während andere Behörden bereits seit den 90er Jahren in diversen Sparrunden erheblich in die Substanz gehen mußten (Justizbehörde, Arbeit + Soziales und andere), konnte sich die Polizei als Rückgrat jeder ordentlichen Machtpolitik mit Taschenspielertricks oder per se vor dem Sparen drücken.