Am 25. August 2019, also fast genau zum 220. Geburtstag des ehem. Geheimrats Johann Wolfgang von Goethe, formulierten wir unter der Überschrift:
„Einen Theaterdolch als ´scharfes Schwert` auszugeben – der nächste Vollidiotentest“
Denn die immer noch amtierende und nach Orientierung suchende Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) stellte eine damals, bestenfalls eine Lachnummer zu bezeichnende, „Verschärfung“ im Bereich der Wirtschaftskriminalität vor (hier der Link zu unserem damaligen Kommentar).
In der „Handelsblatt“ Wochenendausgabe (22./23. Mai) – immerhin DIE Wirtschafts- und Finanzzeitung hierzulande – ist ein prägnanter Artikel zum Herauskaufen der beiden Angeklagten Diess (Vorstandsvorsitzender) und Pötsch (Aufsichtsratsvorsitzender) vom Vorwurf des größten industriellen Betrugs der Nachkriegsgeschichte zu lesen.
„Zum Schaden des Rechtsstaats“ (HB vom 22./23. Mai 2020)
Beide Herren kommen mit einer Zahlung von je 4,5 Millionen Euro aus der Kasse des Konzerns davon. Das ist auch angesichts des Milliardenschadens eine erstaunlich geringe Summe. Die verheerende öffentliche Wirkung des Deals betrifft diesen Schaden bei Weitem.
Der Unterzeichner dieses Artikels hatte vor einigen Jahren an der Uni Mainz zum Thema: „Der Rechtsstaat – Ein Märchen? Über Polizeigewalt in der BRD“ einen Vortrag mit anschließender Diskussion gehalten.
Dieser Vortrag fand vor sieben Jahren statt! Er ist zwar etwas langatmig, hat aber weder etwas an Aktualität eingebüßt noch hat sich irgendetwas an den Missständen in Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichten bedeutsam verbessert. Im Vortrag sind insbesondere Bezüge zu der Wirtschaftskriminalität hergestellt.
Die BRD ist ein Geldwäscheparadies….
Im Stile eines Oberlehrers kam jetzt auch der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) um die Ecke und entdeckte ausgerechnet in der Schweiz die BRD als „Geldwäscheparadies“ (WATSON, CH). Wenn schon dem „Kollegen“ Bundesvorsitzenden Fiedler nach vielen Jahren des existierenden Problems etwas auffällt, muss etwas passiert sein.
Nichts passiert leider auch medial: In der Tagesschau konnte die beim Landgericht Braunschweig in der Rolle als Pressesprecherin fungierende Juristin darlegen, warum die Herren Diess und Pötsch (Ex- VW Winterkorn wird wohl genauso herausgekauft werden) mit Null Eigenbelastung aus diesen unwirklichen Betrugs-, Untreuehandlungen, bis hin zu Bilanzfälschungen etc., die letztlich Milliardenschäden verursacht haben, vom Acker kommen. So lange solche juristischen Schranzen mitspielen und medial mitspielen dürfen, auch noch im Namen einer unabhängigen Justiz, solange bekommt derjenige „Recht“, der es sich wie VW und andere kaufen kann.
Den allerwenigsten ist klar, dass die mittlerweile zum Teil mehrere hundert Personen umfassenden Compliance-Abteilungen vor allen Dingen den Zweck haben, das eigene Management im Ernstfall herauszuhauen. Für kaum etwas anderes! Ein Paradebeispiel ist eben wieder dieser durch niedersächsische Ministerpräsidenten und andere Staatsamtsträgern bis hin zur IG Metall scheinkontrollierte VW-Konzern.
VW stieß die 2015 eingekaufte ehemalige Richterin am Bundesverfassungsgericht Hohmann-Dennhardt gegen eine hohe Abfindung gleich wieder ab, als die wohl tatsächlich im neuen Ressort „Integrität und Recht“ etwas mehr Compliance einführen wollte. „Compliance“ wird im Wirtschaftsleben mit Ethik und Moral gleichgesetzt. Eine weitere Täuschung.
Wer beobachtet, wie Kleinsttäter – nicht nur nach dem G 20-Gipfel 2017 in Hamburg – mit irrwitzigen Aufwänden verfolgt werden und wie dabei sogar neue Maßstäbe am Recht vorbei entwickelt werden, mit welchem Ressourceneinsatz, Leidenschaft und Energie dies geschieht, dem sollte längst klar sein, dass es hierzulande keine Gleichheit vor dem Gesetz gibt.
So geht das seit Jahrzehnten! Natürlich mit unterschiedlichen aktuellen Fallbeispielen. Welcher Depp soll noch glauben, was als gegenlautende verfassungsgemäße Rhetorik in Feiertagsreden aus den Mündern von Staatsamtsträgern, ob Bundespräsidenten, Bundestagspräsidenten usw. erschallt?
Thomas Wüppesahl, Bundessprecher